DREI SCHICKSALE
BRUCKNEUDORFER GEDENKSTEIN 1938 | 2018
EINLEITUNG – DAS UNVORSTELLBARE
Heuer jähren sich die Vorgänge, die als „Anschluss“ bezeichnet werden, zum 80. Mal. Am 12. März 1938 überschritten deutsche Truppen die österreichische Grenze. Am folgenden Tag verabschiedete die nationalsozialistische Regierung Seyß-Inquart das „Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“.
Somit war unsere Heimat Teil des Deutschen Reichs und existierte völkerrechtlich nicht mehr. Österreich als selbstständiger Staat verschwand von der Landkarte. Unmittelbar nach dem „Anschluss“ folgte der Terror, systematische Einschüchterung, Verfolgung, Vertreibung. Die Opfer: Juden, Roma und Sinti, Homosexuelle, religiöse Minderheiten und politische Gegner wie Sozialisten und Vertreter des Ständestaates. Das Ende ist bekannt, am Ende steht eine unvorstellbare Bilanz des Schreckens. Ein katastrophaler Krieg und die Gräuel des Holocaust haben sich in unser kollektives Gedächtnis gebrannt.
Heute, 80 Jahre später, wissen wir wozu der Mensch fähig ist, wir wissen was der Mensch den Menschen antun kann. Aus der Perspektive der ehemaligen Zeitgenossen war das sicher nicht ganz so leicht. Deswegen spreche ich mich immer wieder gegen eine Pauschalverurteilung aus. Dennoch, wir dürfen niemals einen Schlussstrich unter die Verbrechen der Nazi-Zeit ziehen.
Mit Blick auf die damals entrechteten jüdischen Bürger Bruckneudorfs arbeitet der Kulturausschuss an einem Gedenkstein, der uns daran erinnert, dass der Holocaust nicht nur in deutschen Großstädten oder in polnischen Lagern stattfand. Auch in Bruckneudorf fand die Verfolgung der Juden statt und wütete der Terror der Nationalsozialisten. Auch in Bruckneudorf gab es Opfer.
Christian Zenger | September 2018
VORWORT VON KULTURLANDESRAT HANS PETER DOSKOZIL
Am 12. März 1938 ereignete sich das besiegelte Schicksal Österreichs: der Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland. Millionen Menschen fürchteten Tage der Gewalt, die Flucht in das Ungewisse und den Tod. Menschen wurden systematisch verfolgt, vertrieben und terrorisiert.
80 Jahre nach den Verbrechen der Nazis entstand in Bruckneudorf ein Gedenkstein – ein Gedenkstein, der an die in der eigenen Heimat verfolgten jüdischen Familien erinnert und zugleich mahnt – ein Gedenkstein, der eine Geschichte erzählt. Die Opfer und die katastrophale Bilanz des Krieges dürfen niemals in Vergessenheit geraten. Sie sind ein Teil der Geschichte Österreichs.
Ich spreche demzufolge meinen tiefsten Dank an Christian Zenger und den Bruckneudorfer Kulturausschuss aus, der mit jenem Projekt ein bedeutendes Zeichen setzt. Es schafft für die jüdischen Familien Bruckneudorfs ein Stück Heimat und soll auch zukünftig daran erinnern, Diskriminierung und Verfolgung keinen Platz in der heutigen Gesellschaft zu geben.
HANS PETER DOSKOZIL
VORWORT VON BÜRGERMEISTER GERHARD DREISZKER
Laut der letzten offiziellen Volkszählung (März 1934) vor der Machtübernahme der Nazis lebten im Bruckneudorf 33 Menschen jüdischen Glaubens. Einige jüdische Familien waren in Bruckneudorf geboren, andere verschlug es aus verschiedenen Teilen der K&K Monarchie nach Bruckneudorf. Kein Mahnmal und kein Gedenkstein erinnerte bis dato an die Opfer unserer Gemeinde.
Stellvertretend für alle Bruckneudorfer Opfer des Holocaust wurde vor dem Haus in dem sich die Wohnung der Familie Löwy, die Druckerei der Familie Brandweiner und die Apotheke von Leonhard Hildebrand befand, im Fußboden ein Gedenkstein installiert. Dadurch wird an die Opfer erinnert und ihnen symbolisch wieder ein Platz in ihrer ehemaligen Heimat gegeben. Dank intensiver Recherche ist das Schicksal der ehemaligen Bewohner und Wirtschaftstreibenden im heutigen Haus Bahnhofsplatz 4 verhältnismäßig gut dokumentiert.
Mit dem im Kulturausschuss einstimmig beschlossenen Projekt „Gedenkstein“ setzen wir als Gemeinde Bruckneudorf ein Zeichen, das da lautet „Niemals vergessen“. Niemals vergessen heißt aber nicht nur, an das dunkelste Kapitel unserer Geschichte zu erinnern, sondern auch, die richtigen Schlüsse in der Gegenwart und für die Zukunft zu ziehen. Unser heutiges Wissen um die NS-Zeit verpflichtet uns zu dem Grundsatz „Wehret den Anfängen“.
GERHARD DREISZKER
SCHICKSAL 1 | DIE BUCHDRUCKERFAMILIE BRANDWEINER
AUDIO
SCHICKSAL 2 | DIE FAMILIE LÖWY
AUDIO
SCHICKSAL 3 | LEONHARD HILDEBRAND UND DIE APOTHEKE MARIAHILF
AUDIO
Anmerkung: Namensfehler der Kreisleitung. Der Mann hieß Pürcker.
Zu dem Projekt gibt es eine kleine Broschüre in der die Texte der Audiodateien nachzulesen sind.
Solche Projekte können nur umgesetzt werden wenn zahlreiche Menschen ihren guten Willen bekunden. Ich fange mit Gerhard Dreiszker an. Unser Bürgermeister unterstütze das Projekt von Anfang an. Auch unser Kulturausschuss hat den Stein über alle Parteigrenzen hinweg unterstützt. Namentlich sind das Gottfried Schaffarich, Herti Schuster, Doris Urban, Christian Hanel und Beirat Mag. Gerhard Mölk. Dank geht auch an Kulturlandesrat Mag. Hans Peter Doskozil für seine einleitenden Worte in der Broschüre und an Mag. Claudia Priber bzw. ihren Mitarbeiterinnen im burgenländischen Landesarchiv. Eine Servicestelle die sensationell kundenfreundlich arbeitet. Den Kontakt zur Betonwirtschaft hat mir meine liebe Kollegin Dr. Gerti Schöllhammer hergestellt und meine ebenso lieben Kolleginnen Mag. Laura Weichselbaum und Mag. Alexandra Wallner schauten sich sicherheitshalber nochmal den Text an. Last but not least die Burschen der ÖBB Lehrwerkstätte St. Pölten und ihr Ausbildner Walter Hanny die sich ohne viele Worte an den Laserdrucker setzten und die Stahlplatte fertigten. Die Arbeit basiert natürlich auf den Chroniken von Dr. Petra Weiss.
Broschüre Haus in Bruckneudorf
Quellen: Gemeinderatsprotokolle 1933 -1938 / Landesarchiv Eisenstadt – NS Jüdi-scher Besitz – Karton 51 / Dr. Petra Weiss: Chronik Bruckneudorf / Mag. Silvia Maria Schmidt: Das Schicksal der Juden im Bezirk Neusiedl am See / http://www.yadvashem.org